Anne Pauly, „Bevor ich es vergesse“
Der Leichenwagen, obwohl vor uns abgefahren, war noch nicht da, und alle warteten auf dem Kiesweg vor der Backsteinmauer des kleinen Friedhofs. Die riesige Eibe färbte sich lila, und es wurde kalt, während der Himmel in Rosatönen explodierte.
Ich habe mir meinen Schal umgelegt und weiter hinten in der Kurve die schwarze Limousine entdeckt, die mit einem Affenzahn angerast kam, ein bisschen zu schnell, angesichts der verbleibenden Entfernung. Für einen Moment habe ich sogar gedacht, dass wir uns wie im Film zur Seite werfen müssten, um nicht über den Haufen gefahren zu werden, und ich sah vor mir schon die Schlagzeile in der Paris-Normandie: »Gaillon. Leichenwagen beendet rasende Fahrt in Friedhofszaun«. Doch der Zombie am Steuer hat rechtzeitig gebremst, mit im Kies knirschenden Reifen, und alle haben sich von der Backsteinmauer gelöst, als wäre nichts. Die Zombies haben das Tor geöffnet und den Sarg in Windeseile ausgeladen. Meine Tante ist vergnügt aus dem Kombi gestiegen. »Wir haben uns wegen des Navis auf einen Feldweg hinter Les Quaizes verirrt«, hat sie mir flüsternd erklärt, »und anstatt umzudrehen, ist der Kerl einfach weitergefahren. Nicht gerade der Hellste. Sie haben sich angeschrien, aber das war eine schöne kleine Spazierfahrt durch den Wald. Ich bin sicher, deinem Vater hat es gefallen.«
(Anne Pauly, „Bevor ich es vergesse“)
„Bevor ich es vergesse ist ein kluges, emotional packendes Vater-Tochter-Buch (…) dessen furiosen Witz Amelie Thoma hervorragend ins Deutsche gebracht hat.“ (Rainer Moritz, Deutschlandfunk Kultur)
„Anne Pauly erzählt von einem Leben, das fortgeflogen ist wie ein Vogel.“ (Annie Ernaux)
„Wunderschön.“ (Le Monde des livres)
Tempo, Rhythmus und der wunderbare, immer zwischen Melancholie und Komik balancierende Ton der Erzählerin haben mich bei diesem Roman von Anfang an begeistert und beim Übersetzen herausgefordert. Dazu noch diese ständigen Déjà-vus – ganz klar eines meiner großen Herzensbücher!
Hier geht es zur Veranstaltung mit der Autorin am 14. Juni 2024 in der Berliner Buchhandlung Uslar & Rai.
Hier geht es zu „Bevor ich es vergesse“ auf der Seite des Luchterhand Verlags.